Optimale Verdauung – eine Frage der Reihenfolge

Kennst Du das Gefühl, dass sich in Deinem Verdauungstrakt ein Gewitter mit Blitz und Donner abspielt? Oder musst Du nach dem Essen ab und zu eine Tablette einwerfen, damit wieder Ruhe einkehrt? Wie steht es mit Völlegefühl oder unangenehmen Blähungen?

Viele Menschen unserer Industriegesellschaft haben mit Verdauungsproblemen zu kämpfen hat. Eine einfache Methode, hier Abhilfe zu schaffen, ist, die richtigen Lebensmittel zur richtigen Zeit zu essen. Oft verschwinden auf diese Weise lästige und immer wiederkehrende Verdauungsbeschwerden in wenigen Tagen.

Fasten und gesunde Ernährung heilen Krankheiten

Der amerikanische Arzt Dr. Stanley Bass erforscht seit den 50er Jahren die richtige Reihenfolge beim Essen verschiedener Lebensmittel. Er ist der Meinung, dass die meisten Krankheiten durch Fasten und eine richtige Ernährung behandelt werden können. Einen grossen Teil seines Lebens verbrachte er damit, seine Theorien zur Erhaltung und Wiederherstellung der Gesundheit auch in der Praxis nachzuprüfen, wobei er selbst die wichtigste Testperson war. Dr. Bass ist trotz seines hohen Alters von 92 Jahren auch heute noch aktiv, er ist praktizierender Arzt und Autor.

Unterschiedliche Mahlzeiten vermischen sich nicht

Viele Jahre später fütterte der Physiologe Grützner Ratten mit Nahrungshäppchen in drei verschiedenen Farben. Zuerst wurde ihnen einen Portion schwarze Nahrung gegeben, danach eine weisse Portion und zuletzt eine rote Portion. Kurz nach der Nahrungsaufnahme wurden die Mägen der Tiere untersucht. Es zeigte sich, dass die verschiedenfarbigen Portionen fein säuberlich über einander lagen, sich also keinesfalls vermischt hatten.

Kinder essen richtig – wenn man sie lässt

Dr. Bass führte Studien mit sich selbst durch. Er ass verschiedene Nahrungsmittel in einer bestimmten Reihenfolge und stellte bei der anschliessenden Stuhluntersuchung fest, dass Früchte am schnellsten verdaut werden, dann der gemischte Salat, danach der Käse und zuletzt das Fleisch.

Interessant ist, dass Kinder, die man bei der Wahl ihrer Lebensmittel nicht beeinflusst, oft instinktiv ihre Mahlzeiten mit leicht verdaulichen Lebensmitteln beginnen, davon so viel essen, bis sie genug haben und erst dann zum nächsten schwerer verdaulichen Lebensmittel übergehen. Auch hiervon essen sie so lange, bis sie keine Lust mehr darauf haben. Ganz zum Schluss essen sie proteinhaltige Lebensmittel, die am längsten im Verdauungstrakt liegen.

Gesunde Verdauung durch die richtige Reihenfolge

Unsere Nahrung kann also nur dann richtig und problemlos verdaut werden, wenn wir sie in der richtigen Reihenfolge essen. Die richtige Reihenfolge orientiert sich an der Verdauungsdauer der einzelnen Lebensmittel, wobei diejenigen Lebensmittel zuerst gegessen werden, die auch am schnellsten verdaut werden, während schwer verdauliche Lebensmittel ganz zum Schluss an die Reihe kommen.

In der richtigen Reihenfolge essen

Jede Lebensmittelgruppe (Früchte, Gemüse, Getreide, Käse, Eier, Fleisch etc.) erfordert ganz bestimmte Verdauungsenzyme. Nur wenn die einzelnen Lebensmittel unvermischt und in der richtigen Reihenfolge gegessen werden, können die jeweils richtigen Enzyme produziert werden und nur dann können diese auch optimal arbeiten, sprich zu einer gesunden Verdauung führen.

Wenn Du beispielsweise Fleisch, Reis, Salat, Käse und Früchte in einer Mahlzeit essen möchtest, dann sähe die richtige Reihenfolge so aus:

  • als Vorspeise werden Früchte z. B. eine Melone serviert
  • der zweite Gang besteht aus einem Salat
  • der dritte Gang aus Reis
  • der vierte Gang aus Käse
  • zum Schluss wird das Fleisch gegessen

Jedes einzelne Lebensmittel bildet im Magen eine eigene Schicht – und zwar in der Reihenfolge, in der die Speisen aufgenommen wurden. Bei der genannten Mahlzeit wird die Melone als erstes den Magen verlassen, nämlich nach dreissig Minuten. Dann wird die zweite Schicht (der gemischte Salat) an ihre Stelle rücken und den Magen nach ungefähr dreissig bis vierzig Minuten verlassen. Es folgt die dritte Schicht (Reis), dann wird der Käse verdaut und schliesslich das Fleisch.

Nie mehr müde nach dem Essen

Jede Schicht wird einzeln verdaut, ohne dass sie mit den nachfolgenden Schichten vermischt werden würde. Isst man in der richtigen Reihenfolge, wird die Mahlzeit völlig ungestört und schnell verdaut. Es bilden sich keine Gase und es entsteht auch keine Müdigkeit. Schon kurz nach der Mahlzeit fühlt man sich wieder energiegeladen und leistungsfähig.

Wenn diese fünf Nahrungsmittel aber alle zusammen gegessen worden wären, wenn man also mit der Gabel von allem kreuz und quer über den Teller einen Bissen genommen hätte, hätte die Verdauung viele Stunden in Anspruch genommen - viele Stunden, in denen man unter Magendrücken, Sodbrennen, Völlegefühl, Blähungen und Aufstossen gelitten hätte. Und all das nur wegen der falschen Reihenfolge.

Die Hauptregel der richtigen Reihenfolge

Die Hauptregel der richtigen Ess-Reihenfolge lautet: Je höher der Wassergehalt eines Nahrungsmittels, umso weiter rückt es in der Reihenfolge nach vorn. Je niedriger der Wassergehalt eines Nahrungsmittels, umso später in der Reihenfolge sollte es gegessen werden.

Wasserhaltige Lebensmittel werden schnell verdaut und machen dann den Speisen mit dem geringeren Wassergehalt, wie Kohlenhydraten sowie eiweiss- und fetthaltigen Lebensmitteln Platz.

Wassermelone zum Dessert? Niemals!

Wenn Du also beispielsweise ein Stück Wassermelone zum Nachtisch ist, dann wird es extreme Probleme bei der Verdauung geben – nicht nur bei der Verdauung der Wassermelone, sondern auch bei der Verdauung des Brathähnchens, das Du gemeinsam mit Pommes Frites verzehrt hast.

Die Wassermelone wäre normalerweise – wenn sie auf leeren Magen gegessen worden wäre – spätestens nach einer halben Stunde verdaut gewesen. Da sie aber erst nach einer schwer verdaulichen Mahlzeit aus Hähnchen und Pommes gegessen wurde, liegt sie nun obenauf und muss warten, bis das Hähnchen und die Pommes verdaut sind. Erst dann wird auch sie verdaut werden.

Die Wassermelone wartet nun aber nicht still und brav, bis sie an der Reihe ist. Sie beginnt – wie das alle Früchte tun, wenn sie in der falschen Reihenfolge gegessen werden – zu gären. Gase und Alkohol entstehen. Da es bei manchen Nahrungsmitteln vier, fünf oder mehr Stunden dauern kann, bis sie den Magen wieder verlassen (insbesondere bei Protein-Stärke-Kombinationen), mehren sich die Gase, es entstehen Säuren und schwerwiegende Verdauungsstörungen.

Unverträgliche Lebensmittel werden plötzlich verträglich

Angenommen, Du hast bisher grundsätzlich nach dem Verzehr von Nüssen, von Avocados oder von Obst unter Verdauungsbeschwerden gelitten. Also galt für Dich, Nüsse, Avocados, Obst - oder was auch immer - ist schlecht für Dich, weil Du es ja ganz offensichtlich nicht vertragen hast.

In Wirklichkeit jedoch hast Du die Lebensmittel nur in der falschen Reihenfolge gegessen oder Du hast sie gemeinsam mit den falschen Lebensmitteln gegessen. Isst Du Nüsse gemeinsam mit Obst, dann führt das zu Gärungen und diese wiederum zu Magenschmerzen, Blähungen, Sodbrennen etc.

Das Obst würde im Grunde schnell verdaut werden, es kann aber nicht schnell verdaut werden, weil die fett- und proteinreichen Nüsse die Verdauung hemmen. Wenn Du jedoch erst die Früchte isst und anschliessend die Nüsse, dann wird beides plötzlich wunderbar verdaut und verträglich.

Oder nimm die beliebte Vorspeise Honigmelone mit Schinken. Die Melone allein wäre perfekt, beides zusammen aber bringt Unannehmlichkeiten, da der proteinreiche Schinken die schnelle Verdauung der Melone hemmt und es wiederum zu Gärprozessen kommt.

Warum Fruchtsäfte und Zitrusfrüchte oft nicht vertragen werden

Hast Du schon einmal ein grosses Glas frisch gepressten Orangensaft zum Dessert genommen? In Deinem Magen liegen Salat, Bratkartoffeln, Gemüse und mit Käse überbackene Frikadellen. Obenauf kommt nun der Orangensaft. Dieser würde normalerweise innerhalb weniger Minuten den Magen wieder verlassen.

Jetzt aber muss er viele Stunden lang auf seine Verdauung warten. Seinen Ärger über diese Verzögerung merkst Du an Magenkrämpfen, Blähungen, Sodbrennen etc. Kein Wunder, dass viele Menschen der Meinung sind, sie vertragen Orangensaft oder generell Zitrusfrüchte nicht. Daran ist jedoch nicht der Orangensaft Schuld und die wunderbaren Zitrusfrüchte schon gar nicht, sondern die Unkenntnis der Menschen über die richtige Reihenfolge beim Essen.

Häufige Fehler bei der Lebensmittelkombination

Die folgenden Beispiele zeigen besonders weit verbreitete Fehler bei der Zusammenstellung der Mahlzeiten, was bei vielen Menschen zu höchst unangenehmen Verdauungsproblemen, Unwohlsein und (zumindest zeitweise) zu Energielosigkeit führt:

Verdauungsfehler

  • das Trinken während oder nach einer Mahlzeit
  • Früchte (frisch oder getrocknet) zum Nachtisch
  • die Mischung aus süssen und/oder getrockneten Früchten mit Nüssen oder Samen und womöglich einem Süssungsmittel (Honig, Ahornsirup) wie z. B. Studentenfutter, Müslis oder Frühstückscerealien
  • die Mischung aus süssen und/oder getrockneten Früchten mit säurehaltigen Früchten
  • das Essen von süssen und/oder getrockneten Früchten zusammen mit oder nach hochkonzentrierten Proteinen
  • konzentrierte Eiweisse wie Käse und Fleisch zu Salaten
  • konzentrierte Eiweisse wie Käse und Fleisch gemischt mit Kohlenhydraten

Die Regeln der richtigen Reihenfolge (nach Dr. Bass)

  • Getränke sollten 30 bis 60 Minuten vor der Mahlzeit getrunken werden.
  • Früchte werden nur auf leeren Magen gegessen, nie gemeinsam mit anderen Lebensmittelgruppen und niemals zum Dessert. Innerhalb der Früchtegruppe gibt es darüber hinaus noch eine weitere Reihenfolge, die eingehalten werden sollte:
  • Melonen werden vor allen anderen Früchten gegessen.
  • Dann werden säurehaltige Früchte wie Zitrusfrüchte, Ananas, Brombeeren, Johannisbeeren, Granatäpfel, saure Äpfel etc. verzehrt.
  • Zum Schluss der Früchtemahlzeit isst man süsse Früchte (Birnen, süsse Äpfel, Kakis, Bananen).
  • Nach einer Früchtemahlzeit wartet man 15 Minuten bis etwas anderes gegessen wird.
  • Gemüse wird vor Stärkemahlzeiten gegessen. Also Salate oder Gemüsegerichte immer vor der Hauptmahlzeit und nicht gemeinsam mit dieser.
  • Stärkemahlzeiten werden vor den Proteinmahlzeiten gegessen. Kohlenhydratreiche Beilagen wie Kartoffeln, Reis, Nudeln etc. werden also VOR den Fleisch-, Fisch- oder Eiermahlzeiten verzehrt und nicht mehr gemeinsam.
  • Ein wichtiger Anhaltspunkt für die richtige Reihenfolge, in der die verschiedenen Lebensmittel gegessen werden sollten, ist die Verdauungsdauer, die jedes einzelne Lebensmittel benötigt. Diejenigen Lebensmittel mit der geringsten Verdauungsdauer werden zuerst gegessen, diejenigen mit der längsten zuletzt.

Im Anschluss findest Du die Verdauungszeiten einiger ausgewählter Lebensmittel. Allerdings beziehen sich die angegebenen Verdauungszeiten auf eine optimale Lebensmittelkombination, auf die richtige Reihenfolge und auf gut gekaute Speisen. Werden die verschiedenen Lebensmittel bunt gemischt und/oder ungenügend gekaut verzehrt, so verlängert sich ihre Verdauungsdauer um ein Vielfaches!

Verdauungszeiten verschiedener Lebensmittel

  • Wassermelone, Frucht- und Gemüsesäfte: 15 bis 20 Minuten
  • gemixte Salate aus grünem Blattgemüse (früchtefreie grüne Smoothies): 20 bis 30 Minuten
  • andere Melonen, Orangen und Grapefruits: 30 Minuten
  • andere frische Früchte: 40 Minuten
  • grüner Salat: 30 bis 40 Minuten
  • das meiste gedünstete oder gekochte Gemüse: 40 bis 50 Minuten
  • stärkehaltiges Gemüse: 60 Minuten
  • Getreide, Hülsenfrüchte und Linsen: 90 Minuten
  • Samen: 2 Stunden
  • Nüsse: 2 ½ bis 3 Stunden
  • entrahmte Milch oder fettarmer Hüttenkäse oder Ricotta: 90 Minuten
  • Hüttenkäse aus Vollmilch: 2 Stunden
  • Hartkäse aus Vollmilch: 4 bis 5 Stunden
  • Eidotter: 30 Minuten
  • ganzes Ei: 45 Minuten
  • Fisch (Dorsch, Kabeljau, Flunder, Seezunge): 30 Minuten
  • fetter Fisch: 45 bis 60 Minuten
  • Hühnchen ohne Haut: 1 ½ bis 2 Stunden
  • Truthahn ohne Haut: 2 bis 2 ½ Stunden
  • Rind oder Lamm: 3 bis 4 Stunden
  • Schwein: 4 ½ bis 5 Stunden

weitere Tipps für richtiges Essen

Neben der richtigen Lebensmittelkombination bzw. Reihenfolge, sind noch weitere Massnahmen erforderlich, um eine gesunde Verdauung und damit Beschwerdefreiheit nach dem Essen zu erzielen.

  • Gut kauen: alle Speisen so lange wie möglich zu kauen. Nahrung, die nicht richtig gekaut wurde, benötigt eine viel längere Verdauungszeit, deutlich mehr Verdauungsenzyme und kann trotz dieser Anstrengungen des Organismus nicht optimal verwertet werden. Menschen, die ihr Essen nicht richtig kauen, fühlen sich oft völlig erschöpft. Das liegt daran, dass ihr Körper für die Verdauung unangemessen viel Energie benötigt.
  • Kleine Mengen: Je kleiner die Menge eines bestimmten Nahrungsmittels ist, die aufgenommen wird, desto geringer ist die Zeit, die für seine Verdauung benötigt wird.
  • Monokost statt Multikost: Je weniger verschiedene Dinge in einer Mahlzeit gegessen werden, desto leichter und gesünder funktioniert die Verdauung und desto geringer ist auch das Risiko, dass man zu viel isst.
  • Konzentration: Man sollte niemals neben dem Fernsehen essen oder gleichzeitig Zeitung lesen. Das Essen hat unsere volle Aufmerksamkeit verdient. Wir sollten uns ganz dem feinen Geschmack der Nahrungsmittel und dem ausgiebigen Kauprozess widmen. Wenn nicht nur der Körper, sondern auch der Geist mitbekommt, dass gerade gegessen wird, dann begünstigt das ganz enorm eine gesunde Verdauung. Auch ist in diesem Fall die Gefahr des Überessens nicht so gross, weil man sich bewusst für das Ende der Mahlzeit entscheiden kann und nicht gedankenlos alles zur Verfügung Stehende in sich hinein stopft, bis man schliesslich vom Stuhl fällt.
  • Natürliche Lebensmittel: Auf Lebensmittel, denen künstliche Aromen oder Geschmacksverstärker zugesetzt wurden, sollte verzichtet werden, da diese dazu führen, dass der Körper nicht mehr in der Lage ist zu entscheiden, wann er wirklich gesättigt ist.